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06.11.2024
Basel-Landschaft

Projektorganisation und -themen der Gerichte Basel-Landschaft

Die Gerichte Basel-Landschaft haben sich entschieden, die Digitalisierung voranzutreiben. Die «Studie für das Projekt DigiTransGer» von Dezember 2022 beschrieb den Umfang des Wandels sowohl auf der technischen als auch auf der menschlichen Ebene. Aufbauend auf diese Studie wurde das Projekt «DTG – Digitale Transformation der Gerichte BL» gestartet. Die Initialisierungsphase konnte Ende August 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Aktuell ist man in der Konzeptphase, in welcher auch die Durchführung eines Piloten geplant ist, um den Wandel möglichst früh zu testen. Oliver Wirths, Projektleiter a.i. Gerichte BL «DTG – Digitale Transformation der Gerichte» und «Organisationsentwicklung», gibt Einblicke in die strukturierte Organisation des Projekts und beschreibt, wie die Gerichte sich auf die digitale Zukunft vorbereiten.

J4.0: Wie sieht eure Projektorganisation aus?

OW: Wir haben das Projekt klassisch nach HERMES aufgebaut mit einer Projektleitung, welche die diversen Teilprojekte führt. Zurzeit prüfen wir, in die agile Arbeitsweise nach HERMES zu wechseln, da diese unter der Abhängigkeit von externen Lieferanten einige Vorteile bietet. Diese haben wir unterteilt in:

  • Organisationsentwicklung: Schaffen der organisatorischen, kulturellen und Führungsvoraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation. Einführung einer möglichst einheitlichen Arbeitsweise über die Gerichte hinweg.
  • IT-Strategie: Klärung zentraler Fragen im Hinblick auf eine effiziente und qualitativ angemessene IT-Unterstützung der digitalisierten Arbeitsprozesse der Gerichte.
  • Kommunikation: Information, Involvierung, Ausbildung und Begleitung der verschiedenen Stakeholder-Gruppen bei der digitalen Transformation. 
  • Richterakte: Erarbeitung der Struktur der digitalen Akte, Ermittlung der Anforderungen aller Gerichte an Geschäftsverwaltung und JAA, Heranführen der Nutzer durch Pilotierung. 
  • Medienwandel: Definition eines leistungsfähigen, qualitativ hochwertigen Medienwandels (Scanning und Druck) inkl. der benötigten Infrastruktur.
  • Applikationen: Pilotierung/Testen und Einführung der Geschäftsverwaltung, Plattform und JAA.
  • Digitaler Arbeitsplatz: Konzeptionierung und Beschaffung einer leistungsfähigen, ergonomischen Arbeitsplatz-Infrastruktur aller Arbeitsplätze und Gerichtssäle.
  • Rechtsgrundlagen: Adaption der kantonalen Rechtsgrundlagen zur Ermöglichung des digitalen Rechtsverkehrs auf Stufe der Gerichte.

Jedes Teilprojekt wird von einem Team mehrerer Personen umgesetzt. Uns war es wichtig, alle Gerichte über das Projekt einzubeziehen und breit abzustützen. Die Teilprojekte werden teilweise extern unterstützt, um Know-how und die notwendigen Kapazitäten sicherzustellen.

J4.0: Habt ihr zusätzliche Personen angestellt?

OW: Im Rahmen der Kantonsstrategie BL Digital+ konnten neue Stellen geschaffen werden, die wir erfolgreich besetzen konnten. Dazu gehört ein Digital Transformation Manager, der auch die Leitung der digitalen Dienste übernommen hat, sowie eine Applikationsmanagerin, die für die verschiedenen Applikationen der Gerichte (z.B. Tribuna, justitia.swiss, JAA) verantwortlich sein wird und nun Teilprojektleitungen ab September von mir übernimmt. Zusätzlich haben wir einen internen Projektleiter zunächst für drei Jahre befristet anstellen können, der nun die Projektleitung von mir als Externen übernimmt.

J4.0: Wie arbeitet ihr im Projekt zusammen?

OW: Uns ist eine enge Zusammenarbeit sowohl im Projektteam, als auch mit dem Steering und der Geschäftsleitung wichtig. Über die verschiedenen Projektphasen hat sich die Zusammenarbeit je nach den Erfordernissen angepasst, z.B. haben wir nun den Turnus der Sitzungen mit der Geschäftsleitung von zweiwöchentlich auf vierwöchentlich gestreckt. Zurzeit führen wir die agile Arbeitsweise mit Kanban Boards pro Teilprojekt ein. 
Gerne möchte ich hervorheben, dass die Zusammenarbeit bei uns von sehr hoher Offenheit geprägt ist. Die Leute sagen, wenn ihnen etwas nicht passt, und das erlaubt es uns gute Lösungen zu entwickeln.

J4.0: Du hast HERMES erwähnt. Geht ihr nach dieser Projektmethode vor zur Umsetzung des Projektes DTG bzw. des Piloten?

OW: Grundsätzlich arbeiten wir nach HERMES, insbesondere was die zu erarbeitenden Dokumente betrifft. Wir haben festgestellt, dass die traditionelle Arbeitsweise nach HERMES mit den externen Unwägbarkeiten weniger geeignet ist. Daher stellen wir nun auf eine agile Arbeitsweise nach HERMES um. 
Gleichzeitig begleitet uns das Mindset, dass wir die Dinge tun, die richtig und hilfreich sind. Ein Mantra ist: «maximize the amount of work not done». Ein weiteres, dass wir auch jetzt direkt bereits durch «Quick Wins» erste Fortschritte umsetzen, ohne auf die Systeme zu warten. Auch in HERMES muss man nicht jede Ecke komplett ausfahren.

J4.0: Wie sieht euer Projektauftrag aus?

OW: Unser Projektauftrag ist nach HERMES gestaltet (Ausgangslage, Ziele, etc.). Zur Erstellung sind wir mit einem One Pager gestartet, wo wir die Ziele, Lösungsbeschreibung, Zeitplan pro Teilprojekt aufgeschrieben haben. 
Inzwischen haben wir für jedes Teilprojekt ein eigenes Konzept geschrieben mit einer Ausgangslage, Zielen, Massnahmen etc. Nach einem Jahr Projektarbeit ist klar geworden, dass sich die Ausgangslage und Anforderungen verändert haben. Ein Beispiel ist die Verschiebung des Inkrafttretens des BEKJ. Somit betrachten wird die Projektaufträge als lebende Dokumente, die nicht ein für alle Mal verabschiedet werden und an denen sklavisch festgehalten werden muss. Vielmehr sind es lebende Dokumente, die wir nach dem Erfordernis überarbeiten.

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